Antje Styskal

Jahrgang 1967
Dresden

„Die Veränderungen haben mir gezeigt, dass es immer Wege gibt, sich zu verwirklichen. Ich habe gelernt, mir immer bewusst zu machen: ich kann das, ich schaffe das.“

„Meine Eltern waren plötzlich weg, das System brach zusammen und ein komplett neues wurde eingeführt. Ich musste plötzlich selber zurechtkommen und durfte alles selber entscheiden. Es hat für mich insgesamt nur positive Effekte gehabt. Ich weiß jetzt, dass ich Sachen gut entscheiden kann, dass ich mir Sachen rausziehen kann, die für mich positiv sind und die mich voranbringen. Ich habe null negative Erfahrungen gemacht all die Jahre.“

„Nach der Wende gab es plötzlich viele Reglementierungen nicht mehr und es war viel mehr möglich. Ich habe das ein bisschen wie einen rechtsfreien Raum wahrgenommen. Aber schnell kamen neue Reglementierungen, die vor allem ans Geld gebunden waren“

„Ängste hatte ich eigentlich nie. Ich fand alles nur toll! Ich konnte plötzlich hin, wo ich hinwollte, lesen, hören und sagen, was ich wollte. Man konnte plötzlich die Welt erobern. Und ich war sehr neugierig.“

„Was ich schlimm fand, war das schnelle Überstülpen des westlichen Systems. Der Osten war auf einmal Abladeplatz für alles, was im Westen nicht mehr gebraucht wurde.“

„Ich habe mich immer engagiert, das war mein Ding. Ob bei der Arbeit oder in der Freizeit, das hat mir schon immer viel gegeben.“

„Mein Eindruck ist, dass in der Stadt die Wende weniger Auswirkungen hatte als auf dem Land, wo viele Menschen ihre Arbeit verloren haben und mehr mit den Veränderungen zu kämpfen hatten.“

„Wenn Veränderungen anstehen, die nicht selbst verursacht sind, ist es mir wichtig, nach positiven Aspekten zu suchen und zu schauen, wie die Veränderungen einen selbst voranbringen können und was einem Halt bietet.“

„Ich finde es wirklich schade, dass man den Dingen, die in der DDR wirklich positiv waren, so wenig Beachtung geschenkt und erstmal alles platt gemacht hat. Wertschätzung ist generell so wichtig – und die hat es leider so gut wie gar nicht gegeben.“

„Was mich erschüttert hat, als ich nach Mecklenburg-Vorpommern zurückkam: dass viele Menschen der DDR noch immer nachtrauern, dass dieses Ost-West-Ding immer noch so ein großes Thema ist – und die finanzielle Situation vieler Menschen. Es sind meist Menschen, die viel stärker verwurzelt waren und sind, als ich es war.“

Antje Styskal ist im Sommer 1967 in Dresden geboren und dort aufgewachsen. Nach zehn Jahren Schule begann sie eine Ausbildung zur Krankenschwester, die sie 1987 abschloss. Zunächst arbeitete sie (über die Wendezeit hinweg) im Bezirkskrankenhaus Dresden-Friedrichstadt, bevor sie 1991 „hinaus in die Welt“ zog. Ihre Eltern wohnten zu dem Zeitpunkt schon im Allgäu. Ihr Vater litt an Multipler Sklerose, einer Krankheit, die in der DDR unbekannt war. Sein Leiden hatte zur Folge, dass er früh berentet wurde und in den Westen reisen durfte. Dort bekam er die Diagnose und die Eltern planten noch vor dem Mauerfall die Ausreise. Im Dezember 1989, als noch völlig unklar war, wie sich die politische Lage entwickeln würde, gingen sie in den Westen. Antje und ihre Schwester blieben in Dresden. Ab 1991 arbeitete sie zunächst in einer Klinik am Starnberger See, 1992 zog es sie nach Würzburg, 1993 wanderte sie in die Schweiz aus, wo sie 16 Jahre lang lebte. Dort absolvierte sie berufsbegleitend eine therapeutische Ausbildung in Traditioneller Chinesischer Medizin. Seit 2011 lebt sie in Bollewick, Mecklenburg-Vorpommern, arbeitet in ihrer eigenen Praxis und ist seit 2019 Bürgermeisterin.