Nicole Müller

Jahrgang 1982
Ballenstedt

„Das Selbstverständnis, Dinge ändern zu können und die Gesellschaft in eine positive Richtung zu lenken, ist etwas, was ich mir für meine Kinder wünsche. Denn ihre Generation wird mit viel größeren Problemen und Transformationen zu kämpfen haben als unsere.“

„Ich habe die Wende überhaupt nicht wahrgenommen. Aber die Auswirkungen der Wende haben mich extrem geprägt. Im Alter von 10 bis 20 passiert ganz schön viel, vor allem wenn diese Lebensphase geprägt ist von Umbrüchen, Veränderungen und Ungewissheit.“

„Es gibt Menschen, die aus Umbruchsphasen mit einer gewissen Resilienz hervorgehen und Menschen, die das eben nicht tun. Ich kann mich glücklicherweise zu denen zählen, bei denen die Wende zu einer stärkeren Resilienz bei Krisen geführt hat.“

„Diese Erfahrungen der Wende lassen mich heute mit Umbrüchen, dem Ungewissen in dieser volatilen Welt besser umgehen, weil ich stärker ins Handeln komme.“

„Die Schockstarre meiner Elterngeneration in der Nachwendezeit hat bei mir zu einer gegenteiligen Haltung geführt […]. Es gibt immer die Möglichkeit, noch mal von vorne anzufangen. Das ist sicherlich eine Erfahrung, die mich resilienter macht und mir in meinem jetzigen Tun sehr viel Stärke gibt.“

„Natürlich gibt es immer wieder diese Tiefs. Die sind auch manchmal wirklich schlimm und nicht schön, aber durch die Erfahrungen, die ich in meinem Leben gemacht habe, komme ich immer wieder an den Punkt zu sagen, ‚es ist eine Phase, die geht vorbei‘. Wir können den Weg gestalten und wenn das Universum es gut mit uns meint, dann entsteht da auch was Gutes draus. Und bisher habe ich gelernt, dass immer etwas Gutes draus entsteht.“

„In der DDR ging es nicht darum, was man gut kann und was man machen möchte. Diese Sozialisierung hat mich auch noch geprägt. Obwohl ich gemerkt habe, wofür mein Herz schlägt und was ich nach der Schule machen möchte, habe ich es nicht gemacht. Mir wurde immer suggeriert, damit könne ich kein Geld verdienen. Letzten Endes bin ich über viele Umwege doch dahin gekommen. Und ich habe es mir selbst gestaltet, indem ich immer wieder was anderes probiert habe.“

„Natürlich schafft man Dinge, wenn man einfach mal losgeht und tut und nicht immer nur meckert. Und es liegt halt an jedem selbst, da auch einen gewissen Einsatz reinzugeben.“ 

„Die Menschen mussten auf so vieles in der DDR verzichten, konnten vieles nicht machen und freuten sich auf ein Leben, wo die vermeintliche Freiheit alles möglich macht. Aber, dass mit dieser Freiheit Probleme dazu kamen, darauf waren sie nicht vorbereitet. Wären sie in diesem Umbruch und mit ihren traumatischen Erfahrungen besser begleitet worden, hätten viele Dinge anders abgefangen werden können.“

„Ich finde es traurig und schade, dass die Umbruchstimmung der Transformation, die ich als eine gute empfunden habe, sich in so etwas komplett Negatives umgekehrt hat, in Frust und Resignation, die ja zum Teil bis heute noch Auswirkungen haben.”

Nicole Müller wurde 1982 im Harz, in Quedlinburg geboren. Zunächst auf dem Mini-Bauernhof der Großeltern aufgewachsen, zog sie mit 4 Jahren in die Jugendherberge, die ihre Mutter als Herbergsleiterin führte. An ihre Kindheit dort erinnert sie sich als ein Idyll, bis die Wende diesem ein jähes Ende bereitete und sie zurück nach Meisdorf zogen. Nach der Schule folgte ein Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaft und Soziologie in Göttingen, das sie zugunsten des Fachhochschulstudiums „Öffentliches Dienstleistungsmanagement“ nach einigen Semestern eintauschte, um wieder näher bei der Heimat zu sein. Nach einer kurzen Station bei der Wirtschaftsförderung, kümmerte sie sich um das Qualitätsmanagement der Evangelische Stiftung Neinstedt, dem größten sozialdiakonischen Träger im Landkreis. Mit Unterbrechungen, internen Projektwechseln und Elternzeiten arbeitet sie auch heute noch dort. Das Herzensprojekt derdreifachen Mutter ist aber der von ihr mitgegründete Verein heimatBEWEGEN. Seit 2017 schafft der Verein in Ballenstedt Begegnungen und ist Plattform für alle, die eigene Projekte umsetzen wollen.