„Mein Leben hat sich direkt nach dem Mauerfall komplett verändert, eine 360 Grad-Wendung. Ich war fast 30, hatte zwei kleine Kinder, wir hatten eine Wohnung, sind zwei Mal im Jahr nach Mecklenburg zu den Eltern in den Urlaub gefahren. Wir waren sehr zufrieden. Und auf einmal: Alles anders. Ich war schon 1990 arbeitslos. Meine erste Westmark war Arbeitslosengeld. Zu meiner Arbeitslosigkeit wurden auch noch die Mieten erhöht von früher 80 Ostmark auf 200 Westmark, und ich habe 300 Westmark Arbeitslosengeld gekriegt. Die existenziellen Sorgen waren schlagartig da, ohne, dass ich irgendetwas anders gemacht hätte, alles fremdbestimmt. Da hat mir auch das Gemüse im Supermarkt nichts genützt.“
„Es war ein großer Irrtum, dass es jetzt auf einmal ein Mitspracherecht geben könnte, was die Gestaltung der Betriebe angeht. Der Gedanke, dass man im Betrieb weitermachen oder ihn gar übernehmen könnte, war für die normalen Bürger utopisch. Das ist auch eine markante Erkenntnis: Ich hätte gedacht, dass kluge und fleißige Leute diejenigen sind, bei denen es sich dann auch finanziell niederschlägt. Ausschlaggebend waren aber wie vorher auch: Allein die Beziehungen. Wer die besten Connections hat, hat die besten Jobs.“
„Ostdeutsche haben auch keine Kredite bekommen, um Betriebe zu übernehmen oder neu aufzubauen. Mir wurde schnell klar: Die wollen möglichst alles verticken. Dabei ging es doch um Volkseigentum! Dass ich von irgendwelchen Unterstützungsleistungen persönlich profitiert hätte, nein, das kann ich nicht sagen.“
„Ich hatte nie, zu keiner Zeit, das Gefühl, in irgendeiner Form in diesen Veränderungsprozess eingebunden zu sein, geschweige denn etwas mitgestalten zu können. Aber wenn man einen neuen Markt erschließen will, dann fragt man die Leute halt nicht, man bietet an. Ich denke, es hat dem Westen ganz gut gepasst, dass er 18 Millionen neue Kunden hatte.“
„Trotz aller Fehler ist es gut, dass es zur Wiedervereinigung gekommen ist. Denn man darf nicht aus den Augen verlieren, was für ein Staat die DDR war. Wie hätte das alles fünf Jahre später ausgesehen? Rumänien und Jugoslawien waren die sozialistischen Vorzeigestaaten. Ich glaube nicht, dass das Leben in der DDR besser geworden wäre.“
Margret Feger ist 1960 in Sanitz, Mecklenburg-Vorpommern, geboren. Gemeinsam mit zwei Schwestern und einem Bruder hat sie in Niekrenz die „Dorf-Erziehung“ von 50 – 60 Personen genossen. Ihr Vater war in der CDU, weshalb Margret Feger und ihren Geschwistern einige Steine in den Weg gerollt wurden und sie zum Beispiel kein Abitur gemacht haben. Nach zehn Jahren Schule hat Feger Biologie-Laborantin am Institut für Kartoffelforschung gelernt und danach in der Impfstoffproduktion gearbeitet. Mit der Wende hat sie ihre Arbeit verloren und konnte nicht mehr in diesen Beruf zurückkehren. Auch eine zweijährige Umschulung im Bereich Computertechnik hat ihr nicht zu einer festen Anstellung verholfen, stattdessen musste Feger viele Jahre Aushilfsund Gelegenheitsjobs machen. Zur Wendezeit war Feger verheiratet und hatte bereits zwei Kinder. Heute lebt sie in Belleben, wo sie einen Verein gegründet hat, der die Dorfgemeinschaft stärkt. Sie war bis auf ein einziges Mal noch nie im Ausland und hat auch nur selten den Westteil Deutschlands besucht.